Tourenleiterin: Anja Arnold
Teilnehmende: Hermann Perren, Edi Biner, Daniela Schmid, Roger Schmid, Beatrice Heynen, Raimund Heynen, Fränzi Tscherrig, Marianne Imboden, Esther Heiduschke-Siegrist, Annette Steger, Franz Kaeser, Tanja Summermatter, Regula Detta und Ingrid Zumtaugwald
Bericht: Annette Steger (1. Tag), Esther Heiduschke-Siegrist (2. Tag)
Fotos: Alle
1. Tag: Meidpass
Der Sternenhimmel war von den letzten beiden Regentagen wie sauber und frisch gewaschen und verspricht uns schönes Wetter als wir uns bei Tagesanbruch auf den ersten Zug ab Zermatt treffen. Sogar die MGB zeigt sich positiv und zuverlässig und bringt uns nach Visp wo wir problemlos weiter mit dem ÖV und pünktlich in St. Luc,
einem malerischen und charmanten Bergdorf ankommen. Für die ersten Höhenmeter bis Tignousa benutzen wir noch die Bahn, das Panorama präsentiert uns die Schönheit der Schweizer Alpen.
Gut markierte Wanderwege führen uns vorbei an wunderschöner Alpenflora und wir erreichen für unsere erste Pause das Hotel Weisshorn, wo wir den legendären Heidelbeerkuchen geniessen und uns der spektakuläre Ausblick zum weiterwandern inspiriert. Vorbei an klaren Bergbächen und Seen, nur einmal abgelenkt von zwei Bartgeiern, bewältigen wir in gleichmässigem SAC Schritt die 900 Höhenmeter bis zum Meidpass, das Panorama auf die majestätischen Heimatgipfel zeigt sich überwältigend. Da es auf dem Pass etwas kühl und luftig ist, verlagern wir nach einem kurzen Abstieg unser Picknick an den kristallklaren Meidsee, der unsere "Eisbadeprofis" auch gleich für ein erfrischendes Bad inspiriert. Die "Warmduscher" bewundern diese Zeremonie allerdings aus der sicheren Entfernung bevorzugt in der Daunenjacke.
Ein steiler Abstieg steht uns bevor, den wir aber problemlos bewältigen und in Gruben auf der Hotelterrasse mit einer kühlenden Erfrischung belohnen. Beim gemütlichen und wohlverdienten Abendessen lassen wir dann diesen wunderschönen Wandertag ausklingen.
Ein grosses Merci geht an unsere Wanderleiterin Anja für diese tolle Idee und wunderbare Wanderung sowie ein herzliches Danke an meine Wanderkollegen, die diesen Tag unvergesslich machten.
2. Tag: Augstbordpass
Das Gold des Morgens fliesst über die Gipfel in den Wald und ins Turtmanntal. Die vierzehnköpfige Wandergruppe sitzt beim Frühstück. Mehr oder weniger Schlaf wurde uns in der sternklaren Nacht geschenkt, genug, um den bevorstehenden Aufstieg zum Augstbordpass ins Auge zu fassen.
Kurz vor acht Uhr begrüsst uns Anja in der herrlichen Frische des sommerlichen Morgens. Der Aufstieg beginnt gleich neben dem Hotel Schwarzhorn, das uns gastfreundlich beherbergte, führt durch schattiges Grasland und weiter in lichtes, biodiverses Waldgebiet. Die kürzlichen Regenfälle haben die Vegetation zu sattem Wachstum angeregt. Unterschiedlichste Grüntöne kontrastieren die leuchtend bunten Blumenkelche, deren Vielfalt und Schönheit den darüber streifenden Blick entzückt.
Stündliche Trinkpausen erfrischen uns, erst nach vierhundert gewonnenen Höhenmetern, dann nach 700 hm. Der Augstbordpass ist nahe gerückt. In der Ferne der gegenüberliegenden Talseite dienen uns die weissen Dreiecke der Tipis auf der Meidstaffel als Orientierungshilfe, um den gestrigen Abstieg zu erspähen. Eindrücklich, dieser Weg vom Meidpass nach Gruben, der für einige nicht enden wollte. Wen wundert’s da, dass einzelne Füsse am Morgen schmerzend in die Schuhe verpackt worden sind?
Jetzt führt der Weg durch zunehmend steiniges Gebiet bergauf. Unter dem Blockgriesch gurgelt das abfliessende Wasser des glitzernden Schmelzwasserteichs zu unserer Linken, während aparte Bouquets des grossblütigen Gemswurzes zu unsrer Rechten die monotone Steinlandschaft mit ihrem wohltuenden Sonnengelb beleben. Ein langgezogener Schneerest unter einem kantigen Felsblock erinnert an die herausgestreckte Zunge des Lällekönigs, der die Ankömmlinge in Basel während zweier Jahrhunderte auf diese Weise begrüsste. Munteres Geplauder plätschert durch die Gruppe, während die fünf Männer und neun Frauen von Stein zu Steinblock balancieren, um
schliesslich die letzten Höhenmeter in regelmässigem Schritt auf kiesigem Grund zurückzulegen.
Geschafft! Kurz nach elf Uhr umarmen und beglückwünschen wir uns auf 2897m zwischen dem Schwarzhorn und der Wyssegga. Der Blick ist nun offen, und schweift sowohl durchs Turtmanntal als auch Richtung Mattertal hinunter. Schneebedeckte Gipfel werden benannt, die Schönheit des Weitblicks genossen.
Während die einen mit dem Feldstecher herauszufinden suchen, ob der Fliegende und Schwebende ein Bartgeier sei oder doch nicht und sich ein Steinbock kurz ins Suchfeld schiebt, um gleich darauf wieder zu verschwinden, steigen die anderen bereits abwärts. Die Gruppe zerfleddert auf dem steilen, trocken sandigen und steinigen Weg, der viel Aufmerksamkeit verlangt, um sicher beschritten zu werden. Anja’s Anruf per Mobile lagert die Ersten auf der
flachen Ebene, wo wir gemeinsam ins Sandwich beissen - nicht alle jedoch. Staunend höre ich, dass unser langjährigster und erfahrenster Weggefährte, der alle Viertausender der Schweiz oft auf verschiedenen Routen erfolgreich bestiegen hat, mit nur gerade 50g Studentenfutter pro Tag auskommt auf seinen Wanderungen. Hut ab, das schaffe ich noch nicht!
Die kurze Umfrage ergibt, dass die Mehrheit der Wandernden den Abstieg nach Jungen dem Abstieg nach Schalb - Embd - Kalpetran vorzieht, bzw. die Gondel der Kiste, die uns das letzte Stück ins Mattertal zurückfahren wird. Somit trainieren wir weiter unser Gleichgewicht entlang der Flanke der Äbiheji. Von Block zu Platte zu Stein, spielerisch Tritt suchend, den Flechtenwurf oder das Silberleuchten geniessend, tanzen wir durch die trockene, griffige Steinwüste. Tief unten bändert die achtreihige Dachzeile der verlassenen Augstbord-Staffel im Grün der Weiden, die nach der Auskunft von Google erst im August mit Vieh bestückt werden können und somit für den
Namen August-Weide oder eben Augst-Bord verantwortlich sind. Schalb gibt uns eine Rätselfrage auf: Welchen Zweck hat die grosse, weisse Blache, die hier auf der Wiese liegt? Ist sie Helikopter-Landeplatz? Dient sie der Ackerflächen-Gewinnung? Trocknet sie lediglich an der Sonne? Zweckdienliche Hinweise zur Lösung des Rätsels nimmt Anja ab sofort entgegen.
“Wir Schweizer haben keine Emotionen, wir haben Geld!”, zitiert unser Altersweiser die Komikerin Hazel Brugger und bringt uns zum Lachen. Wer mag das unterschreiben? Die Aussicht, die uns nach der kommenden Umrundung der sich nun öffnenden Flankenseite erwartet, begeistert uns! Da präsentieren sich all’ die Horus in stolzem Reigen: Das Nadelhoru, das Stecknadelhoru, das Brunegghoru, das Breithoru mit dem kleinen Matterhoru daneben sind nur einige, die ich mir auf die Schnelle merken konnte. Da jubelt das Herz über soviel mäjestätische Schönheit! Der Weg führt uns nun rasch unter die Baumgrenze. Duftende Lärchen umspielen Kopf und Schultern mit dekorativen Zweigen voller frischer Zäpfchen. Glockenblumen nicken am Wegrand. Jetzt biegen wir in den Alpenblumenweg nach Jungu ein. Tafeln belehren uns eines Besseren: Da wächst der einjährige Mauerpfeffer neben dem Spinnweben - Hauswurz aus der Trockenmauer. Die schildblättrige Ampfer gehört zur Familie der Knöterichgewächse. Die hellgelbe Anemone, die auch am Weg zum Augstbordpass blühte, heisst Schwefel-Anemone oder Schwefel - Küchenschelle. Und die feinblättrige Miere ist eine der 175 bis 2014 bekannten Arten von Mieren, die den Nelkengewächsen zugeordnet werden.
Jungu! Malerisch gruppieren sich die geschichtsträchtigen Ställe und Wohnhäuschen in der Wiese hoch über St. Niklausen, umgeben von grasendem Vieh, dem untrüglichen Wahrzeichen schweizerischer Zivilisation in den Alpen. Dunkle Kuhaugen verfolgen interessiert unser letztes Bemühen, den Hindernislauf über Weidezaun-Durchgänge ohne Fehltritt zu bewältigen. Souverän und unfallfrei schreiten wir 50 - 76-Jährigen ins Ziel, im Wissen, dass Konzentration bis zum letzten Schritt gefragt ist. Beim kühlenden Trunk werden die Beine gerne ausgestreckt. Die
dreingeschmeckte Schaffhauserin und Autorin dieses Berichts verlässt aber vorher die Walliser Gemeinschaft, um den nächsten Zug zu erwischen und ist somit nicht mehr in der Lage, das Geschehen bis zur Heimkehr zu schildern.
Anja aber gebührt ein dicker Dank für die prima Organisation und bravouröse Durchführung dieser herrlichen Tour, bevor die rote Gondel über die schroffen Felsen ins schwindelerregend tiefe Mattertal hinuntergleitet. A Dieu!