Tourenberichte 2021

Lötschental - Gemmi

Montag/Dienstag, 20./21. September 2021

Leitung: Priska Thalmann

Teilnehmer: Berthy Julen, Mirja Kronig, Kari Schmidhalter, Annette Steger

Bericht: Mirja Kronig

Fotos: Alle


Den ganzen Sommer über freuen wir uns auf die Walserwanderung gegen Ende September. Kurzfristig fällt diese verschärften Coronamassnahmen zum Opfer. Mit hängenden Schultern akzeptieren wir den Entscheid. Priska erbarmt sich unser und stellt eine Ersatztour in Aussicht. Geplant ist die „Überschreitung“ des Lötschenpasses mit Ziel Kandersteg und von da via Oeschenensee übers Hohtürli zur Griessalp. Alle sind wir Feuer und Flamme und sehen den zwei Wandertagen erwartungsvoll entgegen.


Montag, 20. September 2021

 

Treffpunkt: 7.30 Uhr Bahnhofplatz Zermatt. Eine vorüber ziehende Kaltfront hat uns während den letzten 36 Stunden den ersten Schnee beschert, der sich behäbig auf Bergen, Bäumen und Wiesen bis hinunter auf 2000 Metern Höhe ausbreitet. Ein dickes Wolkenband umklammert das Dorf mit eisernem Griff. Das kann ja heiter werden! Wir geniessen eine entspannte Fahrt im ÖV und erreichen kurz nach 10.00 Uhr Ferden im Lötschental – unseren Ausgangspunkt.

 

Über einen steilen Waldweg, der sich unter knorrig-feuchtem Wurzelwerk und nassen Steinen versteckt, überwinden wir 700 Höhenmeter und nähern uns der Kummenalpe. Nebelschwaden schlängeln sich zwischen hohen Baumstämmen durch und Regentropfen perlen an unserer gut imprägnierten Kleidung ab. Der Wald weicht zurück und nach Überquerung eines reissenden Wildbaches erblicken wir die im Wind flatternde Fahne der Kummenalphütte. Wir treffen auf eine Gruppe von Jägern, die mit Hilfe von Feldstechern die schneebedeckten

Felsen nach Beute absuchen. Sie raten von einem Aufstieg zum Lötschenpass ab. WährendPriska und Kari Kriegsrat halten, gönnen wir uns eine Stärkung in der Gaststube der Kummenalphütte.

 

Die Würfel fallen. Unser Programm wird total auf den Kopf gestellt. Anstelle des Lötschenpasses werden wir die Fafleralp zuhinterst im Lötschental anpeilen. Bei leichtem Nieselregen brechen wir auf und folgen dem klassischen Lötschentaler Höhenweg. Wie auf einer Perlenkette aufgereiht tauchen Alpen aus dem Nebel auf, zu denen

Berthy – unsere Lötschentalerin – jeweils eine Geschichte zu erzählen weiss. Auf der Lauchneralp werfen uns wiederkäuende Kühe missbilligende Blicke zu und treiben uns durch lautes Muhen in die Flucht.

 

Der Weg führt weiter durch sagenumwobenes Gebiet. Den Wegrand säumen Tafeln mit „Bozugschichtjinu“, die zum Nachdenken anregen. Dank Berthy im Schlepptau können wir uns das mühsame Lesen ersparen und uns im Gehen von Sagen und Geschichten in mündlicher Version einlullen lassen. Nach dreistündiger Wanderung erreichen wir die Fafleralp. Berthy ist in Spendierlaune und lädt uns auf ein Gläschen Wein ein. In fröhlicher

Runde lassen wir den Tag Revue passieren, bevor wir uns von Postauto und Zug nach Kandersteg transportieren lassen.

 

Nach einem vorzüglichen Abendessen in unserer Unterkunft Hotel des Alpes versammeln wir uns auf bequemen Sofas zum Abusitz, bis uns eine wohlige Bettschwere übermannt und wir den Piz Matratz erklimmen.

Dienstag, 21. September 2021

 

Ein Blick aus dem Fenster verspricht trockeneres Wetter. An einigen Stellen reisst die Wolkendecke auf und blaue Farbtupfer erwärmen das Gemüt. Wir freuen uns auf die nächste Etappe unserer Wanderung: Kandersteg - Sunnbühl  - Schwarenbach – Daubensee – Gemmipass – Leukerbad.

 

Um 8.00 Uhr dürfen wir uns an einem reichhaltigen Frühstücksbuffet bedienen und um 8.45 Uhr besteigen wir den Ortsbus, der uns zur Talstation der Sunnbühl-Bahn fährt. Doch da wir zum Wandern und nicht zum Bahn fahren hergekommen sind (Zitat Kari), folgen unsere enttäuschten Blicke der Kabine, die hoch über unsern Köpfen schwebend im Nebelgrau verschwindet. In gleichmässiger Steigung führt ein gut präparierter Wanderweg an der steilen Felswand hoch zum Sunnbühl auf 1930 m ü. M. Noch kleben Nebel in Sträuchern und Gebüsch und kein Sonnenstrahl bricht durch die Wolkendecke. Die schweren Regentropfen der vergangenen Tage haben Gräsern und Blumen die Kraft geraubt, sie zu Boden gedrückt und den Herbst eingeläutet. Die Frage, ob wir uns wohl in Teufels Küche begeben, hängt in der Luft und Priska summt das Lied: „Die alte Moorhexe hext tief im weichen Moor

versteckt. Lacht sich schief, lacht sich krumm – hält die andern all für dumm“…………

 

Wir nähern uns wieder der Zivilisation und ein Wegweiser zeigt an, dass wir Sunnbühl erreicht haben. Das Gelände weitet sich und wir folgen einem breiten Wanderweg, der sich durch Alpwiesen hin zur Kantonsgrenze zwischen Bern und Wallis zieht. Das Gelände wird karger und der Weg schraubt sich in breiten Serpentinen zwischen Zwergwacholder und hohen Steinbrocken einen Hang hinauf. Erneut öffnet sich das Gelände und wir erreichen die

Schwarenbach Hütte. Kaum haben wir auf der Terrasse Platz genommen, bricht endlich die Sonne durch die schwere Wolkendecke und präsentiert uns die zauberhafte Landschaft auf dem Servierplateau. Wir räkeln uns in der Sonne, geniessen ein Gläschen Wein und lassen die Seele baumeln.

 

Doch noch liegen einige Stunden Wanderung vor uns. Denn - entgegen Karis Behauptung: „Zwischen Sunnbühl und Gemmipass verläuft der Weg eben“, sind noch etwas über 350 Höhenmeter zu überwinden. Schweren Herzens verlassen wir die Komfortzone und setzen unseren Weg Richtung Daubensee fort. Nach Erklimmung einer kleinen Anhöhe liegt er vor uns: Eingebettet in einer weichen Mulde, umgeben von grünen Ufern und bewacht von einem

Kranz hoher Berge, breitet er sich majestätisch vor uns aus – der Daubensee. Staunend bleiben wir stehen und lassen seine einmalige Schönheit auf uns einwirken.

 

Wir befreien uns aus dem Bann des Daubensees und wenden uns wieder dem Wanderweg zu. Suchend schweifen unsere Blicke in die Höhe, wo wir auf dem Grat eine Hütte ausmachen. Der Gemmipass rückt in greifbare Nähe. Leichtfüssig überwinden wir die letzten Höhenmeter und werden mit einer grandiosen Aussicht belohnt. Vor dem Restaurant ragt eine Plattform über die steil abfallende Gemmiwand hinaus ins Leere und beschert in schwindel-erregender Höhe eine atemberaubende Rundsicht. Tausend Höhenmeter unter uns lässt sich Leukerbad

von der wärmenden Nachmittagssonne verwöhnen. Kaum vorstellbar, dass diese Furcht einflössende Steilwand begehbar ist. Mit dem nötigen Respekt und etwas schlotternden Knien wagen wir uns an den Abstieg. Vorsichtig setzen wir einen Fuss vor den andern und bewundern im Geiste die Pionierleistung der mutigen Männer, die vor Jahrhunderten einen solchen Alpenübergang passierbar machten. An Ortsbezeichnungen wie etwa „Frowu

Chrache – Schwi-Balma – Riesbalma – Trichhalla „ vorbei verlieren wir rasant an Höhe und nähern uns Leukerbad. Auf einer Bank eingangs des Dorfes kredenzt Priska einen echten Bergler Likör und wir stossen auf zwei gelungene Wandertage an.

 

Um 17 Uhr besteigen wir das Postauto, werfen einen letzten Blick hinauf zur Gemmi und treten die Heimfahrt an.

Die Berichterstatterin dankt Priska für die perfekte Organisation und allen Teilnehmern für die tolle Kameradschaft.