Tourenberichte 2019

Kletterwoche im Süden

30.09. - 04.10.2019

Tourenleiter: Urs Moor

Teilnehmer: Isabelle Moor, Annette Steger, Sarah Deriaz, Cornelia Rigert, Dominik Stephani, Rinaldo Amacker, Silvio Koller, Christoph Marty

 

Tag 1: Sonntag, 29.September 2019 - Anreise

Endlich war es soweit: Ende September. Schnell haben wir gepackt, die letzten wichtigen Dinge organisiert und sind voller Vorfreude mit dem Auto nach Finale in die Kletterferien gefahren. Die Unterkunft war durch eine gute Organisation von Urs allen bekannt. Somit stand der individuellen Anreise der Fahrgemeinschaften aus Davos, Zermatt und der Zentralschweiz nichts mehr im Wege.

 

 Während die einen das Apéro und das Frühstück organisierten, kundschafteten die anderen bereits die Unterkunft aus. Diese befand sich in Cisano Sul Neva. Sie bestand aus zwei idyllischen Häusern. Die Eigentümer sind zwei Verwandte, welche grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben (wollen). Dadurch wurden wir bereits mit der italienischen Mentalität konfrontiert: Was bedeutet Schlüsselübergabe in fünf Minuten beim Treffpunkt für das einte Haus? Der Ersatzschlüssel vom Bruder geht auch! Welche Telefonnummer gehört jetzt zu welchem Vermieter? Wer ist Paolo und wer Claudio? Was kommt da für eine Frau mit einem Mann im Schlepptau? Gibt es keine Frottiertücher und Bettanzüge? Über die frischen Zwetschgen vom Vermieter Paolo freuten wir uns jedoch sehr.

 

Als sich die grössten Fragezeichen aufgelöst hatten, konnten wir uns dem Apéro unter den Olivenbäumen hingeben. Anschliessend hiess es die Betten zuteilen und „einpuffen“.

Alles erledigt, freuten wir uns auf das Nachtessen. Ein Restaurant in der Nähe für neun Personen zu finden, erwies sich als nicht einfach. Schlussendlich wurden wir mit dem „Da Dumme“ fündig. Nach dem alle satt waren ging es zurück. Entweder wurde noch ein Schlummertrunk genossen oder ab ins Bett um für den ersten Klettertag top fit zu sein. (Bericht: Cornelia) 


Tag 2: Montag, 30. September 2019 – Filterkaffee in Italia!

Unter wolkenlosem Himmel und frischer Morgentemperatur trifft gegen 8.00h nach und nach unsere  motivierte Klettertruppe zum Frühstücken auf der Terrasse in der Casa Rosmarino ein.

Die Kaffeeproduktion lag wie schon in den letzten Jahren in meiner Verantwortung. Keine Ahnung wie mir das passieren konnte, aber ich bemerkte es erst durch den verdächtigen Geruch und als der Dichtungsring der Maschine schon zerschmolzen war, das ich vergessen hatte, Wasser einzufüllen und somit unsere italienische Kaffeemaschine für diesen Morgen unbrauchbar wurde. Aber mit einer kleinen Zeitverzögerung gab es dann zwar doch noch Kaffee, aber eben sehr untypischen Filterkaffee. Und das in Italien!!

 

Alle schafften es trotzdem auf die Abfahrt um 9.30h. Nach ca.30min. Anfahrt und kurzem, bequemen Zustieg waren wir dann in unserem Revier. Parco Giochi, unsere „Spielwiese“, lag noch im Schatten und offenbarte fantastischen und griffigen Fels in jedem Schwierigkeitsgrad, genau das Richtige zum Einklettern.

Zuerst aber noch die obligatorische Einweisung von Urs in das korrekte Sichern und Klettern und dann attackierten wir den Fels. Wir hatten den Sektor ganz für uns und so kletterten wir bei angenehmer Temperatur je nach Können und Bedürfnis durch fast alle Routen.

 

Am Nachmittag waren dann endlich alle zufrieden und wir beschlossen den sportlichen Teil mit einem Apero an der Beach, und wem danach war, mit einem erfrischenden Bad noch auszudehnen und abzurunden.

Eine kurze Shoppingtour durch die Sportgeschäfte in Finalborgo und ein feines Abendessen perfektionierten noch diesen fantastischen Klettertag. (Bericht: Annette)

 

Tag 3: Dienstag, 1. Oktober 2019 – Die Regenwanderung

Der Tag begann bereits beim Frühstück mit leichtem Regen. Dank der Veranda unseres Ferienhauses und den frühmorgendlichen Witzen der Tafelrunde tat das der Stimmung aber keinen Einbruch. Nach der Konsultation von einer Handvoll Meteo-Apps waren wir bezüglich des weiteren Wetterverlaufs nicht viel gescheiter. Getreu dem Motto „nutze die Erfahrung der Einheimischen“ fragten wir unseren vorbeikommenden Vermieter: Er schaute auf sein Wetter App und verkündete voller Überzeugung, dass ab 14 Uhr die Sonne scheinen würde. Mittlerweilen war es auch tatsächlich wieder trocken. Dies bewog uns in Richtung unseres Klettergebietes Scoglio del Butto bei Castagnabanca im Hinterland von Loano aufzubrechen. Nach dem Einkaufen von Zwischenverpflegung, einem Blick zum schwarz-grauen Himmel beim letzten Dorf im Tal (Verzi) und einigen Pro und Contra Diskussionen, folgten wir der Bergstrasse Richtung Klettergebiet und Nebeluntergrenze. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass wir in Italien waren, wurde die Strasse bald so schmal und eingewachsen, dass der vorausfahrende Tourenleiter Urs einsehen musste, dass wir falsch abgebogen waren. Zurück beim Ausgangspunkt fanden wir die richtige Strasse und starteten schon bald zu Fuss Richtung Felsen.

 

Der bereits im Kletterführer angekündigte lange Zustieg von 45 min bereitete uns zu diesem Zeitpunkt noch keine Sorgen, da dies dem Felsen und der angekündigten Sonne mehr Zeit zum Trocknen geben würde. Die Beschreibung des Weges war aber so schlecht und die Angaben auf den Wegweiseren so verwirrend, dass Urs bald zum Wanderleiter degradiert wurde. Von oben verschonten uns zwar die dichten Wolken von Regen, aber wegen der Feuchte und den für Sportkletterer ungewohnt vielen Höhenmetern wurden wir von innen ziemlich nass, so dass Urs auf Grund unseres Zustandes und des schlussendlich nicht mehr existierenden Weges sogar noch zum Dschungelführer mutieren musste.

 

Nach 1.5 Stunden standen wir aber doch tatsächlich vor unserem Sektor. Wir mussten aber einsehen, dass auf Grund der schmierigen Verhältnisse und der nicht mehr ganz zeitgemässen Absicherung an ein Klettern heute nicht zu denken war. So beschlossen wir den Kocher anzuwerfen, um den Frust im Kaffee zu ertränken. Aber ohje, nicht mal Ex-Raucher Rino hatte ein Feuerzeug! Als der Kocher bereits wieder im Rucksack verstaut und unser Frust sich in Stille niederschlug, erwachte auch Sarah unter ihrer Goretex-Jacke und fragte nach dem verschwunden Kocher. Ja, klar habe sie ein Feuerzeug war ihre Antwort. Damit war der Tag gerettet!

 

Immer noch in der Hoffnung auf die versprochene Abtrocknung beschlossen wir auf dem Rückweg noch den Sektor Ciappe du Ciuin des Gebietes Rocca dell’Aia zu besuchen. Auch dort sahen die Verhältnisse aber leider nicht anders aus. Urs versuchte uns auf dem weiteren Rückmarsch mit einem Umweg zum Rifugio Pian delle Bosse und entsprechender Konsumation zu motivieren. Trotz oder vielleicht gerade wegen Annette’s Ankündigung sich in Oskar umbenennen zu lassen, falls ein italienisches Rifugio nach dem15. September noch offen habe, wurde der Plan weiterverfolgt. Zu unserer Enttäuschung sollte Annette Recht behalten. So marschierten wir bei einsetzendem Regen (es war mittlerweile 15 Uhr!) definitiv zurück Richtung Parkplatz.

 

Nach einer Dusche in unserem temporären zu Hause und der Erkenntnis, dass es in der Region Finale auch Nicht-Kalk-Klettergebiete gibt (beide heute besuchten Sektoren bestanden aus Quarzit) liessen wir den erlebnisreichen Tag mit einem feinen Essen in der schönen Altstadt von Albenga ausklingen. (Bericht: Christoph)

 

Tag 4: Mittwoch, 2. Oktober 2019 – Die drei kleinen Schweine

Einundzwanzig, zweiundzwanzig... ich zähle die Sekunden dazwischen. Schauderhaftes Donnergrollen, dann wieder Blitze. Wir sind mittendrinn, aber es scheint sich doch nun langsam zu verziehen. Das Gewitter, welches unvermittelt über uns hereinbrach. Es ist irgendwann zwischen zwei Tagen. Ich finde den Schlaf wieder, zum Glück. Als der Tag erwacht, beginnt zur üblichen Zeit Leben in die Bude zu kommen. Die Mädels nebenan machen sanft Lärm, leises umherhuschen. Ich kann noch etwas liegenbleiben, herrlich. Der Tag beginnt und bleibt beinahe wolkenlos, es ist Mittwoch, 2.10.19, Halbzeit.

 

Nach dem üblichen Frühstück machen wir uns auf den Weg zum heutigen Klettergebiet "Rocca di perti" nahe Finalborgo. Der Zustieg ist einfach, aber der gestrige Regen hat viel Feuchtigkeit in den Boden gebracht. Es ist dadurch sehr schwül, und wir alle sind etwas mehr als sonst verschwitzt.

 

Im Sektor "Falesia dei tre porcellini", zu Deutsch: "Klippe der drei kleinen Schweine", finden wir einen guten Kalk Fels, scharf und mit viele kleinen Löchern. Wir hängen uns in die Routen, welche in der ersten Felsflanke sehr grosszügig bewertet wurde. Die 5a war eher eine 4. Alle sind sehr motiviert und der Tag fliegt nur so vorbei. Die Mittagspausen werden sehr individuell eingebaut, irgendwann haben die meisten genug, jedoch nicht Anette und Isa. Die scheinen unendlich Energie zu haben. Die klettern wie zwei Durazell-Häschen. Ich mache eine Kanne Kaffee auf dem Gaskocher und geniesse das Wetter und der herrliche Geschmack des Espresso am Fusse der Wand. Um 17:00 haben sie dann doch genug und wir machen uns auf zum zweiten Teil des Programms. Für die Einen ist es Shoppen in den Gassen von Finalborgo, für mich eher Apéro in der Bar Centrale auf dem kleinen Platz mitten im Städtchen. Urs hat voll zugeschlagen, aber nicht beim apéro sondern beim Einkaufen. Er ist heute unbestritten der "King of shopping". Gegen 20:00 gehen wir, wie auch schon vor 2 Jahren, ins Restaurant Bastian Contrario, etwas ausserhalb vom Altstädtchen von Finalborgo. Das Essen ist genial, und alle sind glücklich. Ich freue mich dennoch auf die baldige Dusche und den Schlaf, ich bin dieses Jahr nicht wirklich fit. Wie auch immer, morgen geht’s erneut an den Fels, ich freue mich, ist doch die Gegend, das Essen und das Wetter top. (Bericht: Domi)

 

Tag 5: Donnerstag, 3. Oktober 2019 – Scheisse Mann!

Der Sektor Rocca dell’Arma liegt nicht gleich um die Ecke unseres temporären Zuhauses. Von Cisano sul Neva fahren wir nordwestwärts immer höher und höher bis auf ca. 1400m.ü.M. Wir passieren enge Täler und kleine Dörfer und erreichen schliesslich unseren Parkplatz beim Rifugio dell‘Arma, von wo wir noch ca. 20 min. wandern bis zur grossen, einladenden „Placca Silvana. Der Fels scheint gut, alle sind startklar und wir dürfen die wundervolle Aussicht über die untenliegende Landschaft bis weit ins Meer hinaus geniessen.

 

Schnell wird bemerkt, dass der Sektor doch etwas unterbewertet ist. 5c Routen zeigen sich auf für die versierteren Kletterer schon als recht anspruchsvoll. Cornelia hat mit ihrem ersten Vorstieg des Tages in Höchstform gleich einige von uns ziemlich unter Druck gesetzt. Aber auch sie musste ihren Kletterpartner ab und zu mit herben Sprüchen zurechtweisen („Scheisse, Mann!“). Selbst Urs wurde ab und zu gefordert – v.a. aufgrund der vorhandenen Sprachbarrieren („Nid ziäh“ heisst nicht „iiziää“). Andere wiederum waren etwas ungeduldig (Isa beim Aufstieg ihres Kletterpartners: “Soll ich dir etwas zu essen bringen?“), (Annette: „Do you want to stay forever here“ oder geht jetzt was?). Aber es war ein super Klettertag – einfacher Zustieg, anspruchsvolle Routen mit herrlichem Panorama, Standplatz am Schatten und keine Leute. Alle konnten sich austoben und sogar Christoph fühlte sich am Ende des Tages etwas müde.

 

Zum anschliessenden Abendessen fuhren wir nochmals nach Albenga um dort auch noch etwas mehr von der schönen Altstadt zu entdecken. Heute hatten wir mit der Restaurant Auswahl etwas weniger Glück, aber falls ihr in dieser Gegend seid, lohnt sich ein Ausflug nach Albenga allemal. (Bericht: Silvio)

 

Tag 6: Freitag, 4. Oktober 2019 – Die Trennung

Der letzte Tag startete wie angekündigt trüb, aber trocken. Nach der Abgabe unserer zwei schön und ruhig gelegenen Ferienhäuser Casa Lavanda und Casa Rosmarino oberhalb Cisano sul Neva trennten sich unsere Wege. Die Walliser Crew startete direkt Richtung Zermatt, weil Rino noch gleichentags zum Arbenbivak hoch musste, um die Einwinterung vorzubereiten. Das Auto mit den Zentralschweizern musste aus familiären Gründen einige Stunden früher als geplant zurück. So blieben nur noch die zwei Bündner Vertreter, um weitere Felswände zu erkunden. Nach kurzer Fahrt Richtung Castelbianco brauchten wir 3 Anläufe um den gut versteckten Sektor Enoteca zu finden. Die gekletterten Routen mit klingenden Namen wie z.B. Nebiolo, oder Cabernet entpuppten sich als absolut lohnenswert, so dass auch wir am frühen Nachmittag mit müden Armen zufrieden heimfahren konnten. (Bericht: Christoph)

 

Besten Dank an Urs für die umsichtig organisierten und erlebnisreichen Klettertage!